Antworten auf die Flüchtlingsströme aus dem Westbalkan
Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Deutschland. Für 2015 rechnen wir mit mindestens 450.000 Asylbewerbern. Viele der Flüchtlinge stammen aus den Krisenregionen im Nahen Osten, wie Syrien und Irak. Gegenüber diesen Bürgerkriegsflüchtlingen haben wir eine humanitäre Verantwortung.
Gleichwohl kommt jeder zweite Asylbewerber in Deutschland aus Europa, aus dem Westbalkan. Die Aussicht auf ein erfolgreiches Asylverfahren ist verschwindend gering: Über 99 Prozent der Anträge werden abgelehnt.
Mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller und einer großen Wirtschaftsdelegation war ich vor Kurzem im Kosovo und in Serbien.
In Belgrad haben wir eine hochmoderne Scheibenwischerfabrik der Firma Bosch besichtigt – ein großer Kontrast zu unserem Besuch einer Roma-Siedlung. Die Menschen hausen in Baracken zwischen Müllbergen und ohne fließendes Wasser. Schätzungen zufolge sind die meisten serbischen Asylbewerber Roma. Ihre Situation muss vor Ort verbessert werden. Wie sich in Gesprächen mit der Regierung herausgestellt hat, ist dies sehr schwierig: Wohnprojekte seien in der Vergangenheit gescheitert, weil die Familien nach kürzester Zeit die Wohnungen verkauft und den Erlös an ihre Clanführer gegeben haben. Dann seien sie zurück in ihre alten Siedlungen gezogen.
Deutschland unterstützt ein erfolgsversprechendes Projekt, ein Tagesheim für Straßenkinder. Hier erfahren sie ein anderes Leben und lernen: Es lohnt sich,in die Schule zu gehen.
Serbien und Kosovo haben eine sehr junge Bevölkerung – die Jugendarbeitslosigkeit ist jedoch hoch. Deswegen liegt ein Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in der Ausbildungs- und Beschäftigungsforderung. In einem neu eröffneten „Deutschen Informationspunkt für Migration, Ausbildung und Karriere“ in Pristina können sich Jugendliche über Arbeitsmöglichkeiten im Kosovo informieren. In der kosovarischen Hauptstadt werden zudem mit deutscher Unterstützung in einer Berufsschule Kfz-Mechaniker ausgebildet.
Im Kosovo gibt es keine politisch Verfolgten, Serbien gilt sogar als sicheres Herkunftsland, das um Aufnahme in die EU verhandelt. Neben den oben genannten Maßnahmen zur Bekämpfung von Fluchtursachen arbeiten wir in Deutschland daran, die Anträge der Asylbewerber aus dieser Region möglichst schnell zu bearbeiten und die Menschen in ihre Herkunftsländer zurückzuführen. Um die Asylverfahren zu beschleunigen, haben wir dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) insgesamt 2.000 neue Stellen im Nachtragshaushalt zugewiesen. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit konnten wir schon um zwei Monate, auf etwa fünfeinhalb Monate senken. Wir arbeiten auf Hochtouren daran, unser Ziel von maximal drei Monaten zu erreichen. Dazu müssen z.B. auch die Stellen an den Verwaltungsgerichten erhöht werden.
Um den Flüchtlingsstrom aus dem Westbalkan einzudämmen, sind jedoch weitreichendere Maßnahmen dringend notwendig. Neben der Wiedereinführung der Visapflicht für Staatsangehörige aus Albanien, Serbien, Montenegro, Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina, müssen wir auch die EU-Außengrenzen besser schützen. Auch streben wir an, Albanien, Kosovo sowie Montenegro in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten aufzunehmen. Wer aus dieser Region kommt, soll auch merken: Es lohnt sich nicht, ein aussichtsloses Asylverfahren in Deutschland anzustreben. Für diese Fälle sollten wir ernsthaft prüfen, auf eine dezentrale Unterbringung zu verzichten und statt Geld wieder Essenspakete auszugeben.
Wir müssen klar unterscheiden zwischen Bürgerkriegsflüchtlingen und jenen, die kein Anrecht auf Asyl haben. Nur dann bleiben uns genug Mittel und Kraft, um die tatsächlich Schutzbedürftigen angemessen zu versorgen und in Deutschland zu integrieren.