27. März 2017

60 Jahre Europäische Union

Vor 60 Jahren wurde der Grundstein für die Europäische Union gelegt. Die EU ist einer der wichtigsten Pfeiler für die Friedensordnung in Europa. Doch dieser Frieden, den viele als selbstverständlich ansehen, ist bedroht.

Zwar ist es noch immer unvorstellbar, dass innerhalb der EU ein kriegerischer Konflikt ausgetragen wird, aber in unserer direkten Nachbarschaft sieht das schon ganz anders aus. Dies zeigt auf bedrohliche Weise der Blick in die Ukraine, wo nach wie vor ein blutiger Krieg geführt wird.

Vom Krisenmodus zur gemeinsamen Problemlösung

Auch steht der Zusammenhalt der EU-Mitgliedstaaten, nicht erst seit dem BREXIT, vor einer Zerreißprobe. Die EU ist schon lange im Krisenmodus. Das EU-Spitzenpersonal und die Staats- und Regierungschefs hetzen von einem Krisengipfel zum nächsten. Sei es um die – noch immer nicht vollständig überwundene – Finanz- und Wirtschaftskrise einzudämmen, Rettungspakete für Griechenland zu schnüren oder Maßnahmen gegen die andauernde Migrationskrise zu beschließen. Die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung ist durch innere und äußere Krisen in ihren Grundfesten erschüttert. Aber es ist auch klar: Es ist eine Kernaufgabe des Staates, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten.

Eine stärkere europäische Zusammenarbeit kann unsere Sicherheit in Europa insgesamt stärken und dies ist auch von den Bürgerinnen und Bürgern der EU gewollt: Zwei Drittel der Europäer wollen „mehr Europa“ in der Außen- und Sicherheitspolitik. Über 70 Prozent sind dafür, dass wir weitere Schritte in Richtung einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Europas gehen.

Verantwortung für Sicherheit und Stabilität

Die Krise bietet auch eine Chance – eine Chance, die zugleich eine Verpflichtung ist. Wir in der EU sind für unsere eigene Stabilität und Sicherheit verantwortlich. Wenn wir uns nicht darum kümmern, wird es auch sonst niemand tun! Als Verteidigungspolitikerin fühle ich mich diesem Ziel besonders verpflichtet.

In Deutschland setzen wir wichtige Wegmarken, indem wir stark auf Kooperationen mit den Armeen anderer europäischer Länder setzen. Die deutsch-französische Brigade oder die enge Zusammenarbeit mit den niederländischen Streitkräften sind bewährte Leuchtturmprojekte. Nun werden Rumänien und die Tschechische Republik Teile ihrer Heerestruppen in die Kommandostrukturen der Bundeswehr einbinden. Beim Zusammenwachsen der europäischen Armeen sind wir auf einem guten Weg.

Synergien in der Rüstungsbeschaffung nutzen

Ganz anders sieht es bei der gemeinsamen Beschaffung von militärischer Ausrüstung und Gerät aus. Seit Jahren diskutieren wir, wie wir hier enger zusammenarbeiten können. Doch nun müssen wir uns endlich daranmachen die erarbeiteten Strategien und die damit verbundenen Absichtserklärungen umzusetzen.

Fakt ist, dass rund 80 Prozent der Rüstungsbeschaffung noch immer rein national getätigt werden. Die mangelnde Zusammenarbeit bei der Rüstungsbeschaffung kostet uns laut Schätzungen der EU-Kommission jährlich mindestens 25 Milliarden Euro.

EU-weit haben wir 37 verschiedene Typen von Transportpanzern, 12 verschiedene Tankflugzeuge und 19 verschiedene Kampfjets. Diese teure Dopplung militärischer Kapazitäten können wir uns nicht mehr leisten!

Daher ist der EU-Verteidigungsfonds ein wichtiges Vorhaben, das neben gemeinsamen Beschaffungsprojekte auch die gemeinsame Forschung und Entwicklung im Rüstungsbereich vorantreiben soll. Allerdings ist es auch meine feste Überzeugung, dass es in unserem strategischen Interesse liegt, Schlüsseltechnologien in Deutschland zu halten. Dennoch ist mehr europäische Kooperation in der Rüstungsforschung und -beschaffung möglich und notwendig.

Ohne Kompromisse geht es nicht

Um diese zu ermöglichen, müssen wir uns auf EU-Ebene an einen Tisch setzen. Wie schwierig das gemeinsame Vorgehen ist, zeigen die Verhandlungen über die Budgeterhöhung der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA). Zwar konnten sich die EU-Verteidigungsminister nach Jahren ohne Etatsteigerung auf einen Zuwachs einigen, doch dieser gleicht gerade einmal die Inflation aus. Auf die Appelle muss nun auch der Wille zur Einigung folgen.

Dabei lässt sich die Stärke der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht allein an der Zahl der Panzer und Soldaten festmachen, die wir für unsere militärische Verteidigung einbringen können. Wichtig ist ein vernetzter Ansatz: Die Europäische Union muss auch diplomatisch mit einer Stimme sprechen, um ihren Interessen Nachdruck zu verleihen und Gehör zu finden. Und auch in der Entwicklungszusammenarbeit bedarf es größerer Anstrengungen.

So hat unser Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, einen „Marshallplan mit Afrika“ vorgeschlagen. Dieses europäische Projekt verfolgt das wichtige Ziel, unseren Nachbarkontinent zu stabilisieren.

Das alles führt uns vor Augen, dass auch 60 Jahre nach der Gründung der EU viel zu tun bleibt: Wir haben gemeinsame Interessen. Diese müssen wir auch mit einer starken gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik durchsetzen!

Dieser Blogbeitrag von Julia Obermeier MdB erschien am 25. März 2017 in der Huffington Post.

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