02. November 2016

48 Stunden im Nahen Osten

Eindrücke meiner Israelreise

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Tel Aviv – 31. Oktober 2016. Gemeinsam mit Major Arye Sharuz Shalicar, einem in Berlin aufgewachsenen Angehörigen des israelischen Militärs, und einigen Kollegen aus dem Bundestag stehen wir auf den Golanhöhen, der faktischen Nordgrenze Israels. Im Norden blicken wir auf den Libanon. Dort hat die Hisbollah durch ihre Erfahrungen in Syrien enorm an Kampfkraft gewonnen. Auch hat der militärische Arm der schiitischen Bewegung sein bereits 100.000 Stück umfassendes Raketenarsenal, darunter 10.000 GPS-gesteuerte, weiter ausgebaut.

Direkt vor uns sehen wir den Grenzzaun zu Syrien. Bis Damaskus sind es 60 km. Nordöstlich von uns agieren Dutzende islamistische Milizen. Wegen ihrer verschiedenen schwarzen Flaggen, bezeichnen sie manche als „50 shades of black“. Es ist schwer zu sagen, wer hier warum gegen wen kämpft. Das syrische Gebiet nebenan, in östlicher Richtung, wird vom IS beherrscht.

Der Blick von den Gohlanhöhen versinnbildlicht: Israel ist umgeben von Terror, Hass und Gewalt. Die gescheiterten Staaten an den Grenzen Israels sind ein massiver Unsicherheitsfaktor. An die Stelle von staatlicher Identität treten Religion oder Stammeszugehörigkeiten. Dies befördert weiteren Hass zwischen den Religionen sowie eine fatale Unterdrückung der Frauen im Islam. Fatal deshalb, weil die mangelnde Emanzipation in einen Teufelskreis führt. Dabei geht es um mehr als die grausame Tatsache, dass z.B. in Ägypten nach wie vor 90 Prozent der Frauen genitalverstümmelt werden. Jede fünfte bis sechste Ehe im arabischen Raum ist eine Kinderehe. Werden Frauen als Kinder verheiratet, bekommen sie mehr Kinder, sind weniger gesund und erfahren weniger Bildung. Oft sind sie Opfer häuslicher Gewalt. Welches Rüstzeug können diese Mütter ihren Töchtern und Söhnen also mitgeben?

Diese gesellschaftlichen Problematiken treffen auf eine Region, in der das Ökosystem am Ende ist. Hier herrscht dramatischer Wassermangel. Im Nahen Osten leben fünf Prozent der Weltbevölkerung, aber die Region verfügt nur über 1,2 Prozent der weltweiten Süßwasservorkommen. Zudem sind diese sehr ungleich verteilt: In Syrien gab es 2006 bis 2011 die größte Dürre seit 80 Jahren, im Jemen werden in drei Jahren sämtliche Brunnen leer sein.

Auf meiner Reise nach Israel habe ich ein Land erlebt, das von Hass, Unterdrückung, Gewalt und Terror umzingelt ist. Nichtsdestotrotz erhält es Demokratie und Freiheit aufrecht und bringt Kreativität, wirtschaftliche Stärke und Innovation hervor. So ist Israel weltweit führend in der Umwandlung von Salzwasser in Trinkwasser. Damit hat es eine Lösung für eines der brennendsten Probleme der Region umgesetzt. Das ist nur möglich, weil Israel stabil ist. Anders als die anderen Staaten in seiner Nachbarschaft. Israel ist auch die einzige Demokratie in der Region.

Hier forschen Männer und Frauen an Universitäten auf akademisch höchstem Niveau – zum Beispiel über Terrorismusbekämpfung. Jedes Jahr am 11. September findet eine internationale Konferenz statt. Thema des diesjährigen Planspiels war – leider nicht ohne Grund – das Szenario eines IS-Terroranschlags mit chemischen Waffen in Deutschland. Man muss die Struktur des Terrorismus verstehen, um ihm wirksam bekämpfen zu können. Damit haben die Israelis Erfahrung und wir in Deutschland können viel von ihnen lernen!

Wir hatten ein eng gestricktes Programm mit vielen überaus interessanten Gesprächspartnern. Lediglich am letzten Tag hatte ich die Gelegenheit, morgens um 5:45 am Strand von Tel Aviv eine Runde zu surfen. Es gibt nicht viele Länder in der Region, in denen Frauen die Freiheit haben, den Wind in den Haaren zu spüren und im Bikini aufs Meer zu paddeln.

Mein Reise hat mir einmal mehr vor Augen geführt: Israel ist ein Stabilitätsanker im Nahen Osten. Es gibt für Deutschland viele gute Gründe, Israel zu unterstützen – und zwar weitaus aktuellere als die geschichtlichen.

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